Adolphi 2023: Wie Mao in deutsche Köpfe kam (IV-VI)
Wie Mao in deutsche Köpfe kam (IV-VI)
von Wolfram Adolphi
IV
In: Das Blättchen, 26. Jg., Nr. 18, 28. August 2023, S. 21-22
[S. 21]
Immanuel Gottlieb Genähr, zum Zeitpunkt seiner in Teil III zitierten China-Artikel aus den Jahren 1931 und 1932 bereits 75jähriger Missionar der Rheinischen Mission in China und in dieser Funktion Nachfolger seines Vaters und Missionsgründers Ferdinand Genähr (1823-1864), hatte ein Gespür für die Weltbedeutung der Krisen und Kämpfe in China. Zum Abschluss seines Textes „Zur Gesamtlage in China“ im Aufwärts. Christliches Tageblatt vom 31. Mai 1932 prognostizierte er zum einen, dass „China nur als Einheitsstaat mit starker Zentralregierung“ seine gewaltigen Probleme meistern könne, und zum anderen, dass, wenn Japan sich den „fetten Brocken“ Mandschurei „einzuverleiben“ beabsichtige, wie es vorher schon „Korea sich einverleibt hat“, es „totsicher [sic] zu einem Zusammenstoß mit Rußland und Amerika“ und somit zum „von Bagusche vorausgesagten ‚kommenden Weltbrand Ostasiens‘“ kommen werde. (Hermann Paul Otto Bagusche, 1910-1944 Chefredakteur der Heidelberger Neuesten Nachrichten, hatte 1918 ein Buch mit dem Titel „Ostasiens kommender Weltbrand. Die Rollenverteilung der verschiedenen Nationen“ veröffentlicht.)
Ein anderes die Christenheit im Namen führendes Blatt – die in Dresden erscheinende Sächsische Volkszeitung. Für christliche Politik und Kultur – zeichnete am 8. Juli 1931 ein von Revolutionsangst beseeltes Bild des „Kommunismus in China“ und nannte auf die schon bekannte Weise auch Maos Namen. Im „labyrinthisch irren Lauf“ des „chinesischen Bürgerkrieges“, bei dem die Guomindangregierung ein neuerliches Mal von inneren Konflikten zerrissen werden könnte, drohe die Gefahr, dass die Kommunisten „die Rolle des ‚Tertius Gaudens‘“ – des lachenden Dritten – spielen könnten. „Unter der Führerschaft von Chu Teh [Zhu De] und Mao Tse-tung [Mao Zedong]“, die „über ein Heer von etwa 50.000 Gewehren verfügen [sollen]“, habe sich eine „aufständische Bewegung“ entwickelt, gegen die von der Nanjing-Regierung „bis zu 500.000 Mann […] ins Feld geschickt“ worden seien, deren „Erfolge […] allerdings hinter den Erwartungen zurück“ blieben, denn „die Roten führen einen Guerillakampf, verschwinden beim Herannahen der Truppe und kehren wieder, wenn die Truppen abgezogen sind.“
Zur Darstellung des Agierens der „kommunistischen Elemente […], welche das Elend der chinesischen Volksmassen in Dorf und Stadt zu ihren politischen Zwecken auszunutzen suchen“, bediente sich der Artikel eines Berichtes des mit dem Kampf gegen eben diese beauftragten „Kriegsministers Ho-Ying-ching [He Yingqin]“, demzufolge von diesen „Banden“ allein in der Provinz Jiangxi „nicht weniger als 186.000 Menschen erschlagen und mehr als 2.100.000 gezwungen worden sein [sollen], ihre Wohnsitze zu verlassen“. Auch sollen „mehr als 100.000 Häuser […] verbrannt und Eigentum im Werte von etwa 650 Millionen Silberdollar zerstört worden sein“. Für die Provinz Hunan sei von 72.000 Ermordeten, 120.000 verbrannten Häusern und einer Eigentumsvernichtung im Wert von 300 Millionen Silberdollar die Rede. „Wo die ‚Roten‘ die Macht ergreifen“, hieß es weiter, setzten sie einen „Ausschuß für ‚Ausrottung der Reaktionäre‘“ ein, dessen Aufgabe darin bestehe, „Landeigentümer, Kaufleute, Regierungsbeamte usw. zu bestrafen oder zu vernichten. […] Ferner wird die Bevölkerung gezwungen, in kommunistische Organisationen einzutreten. […] Das Privateigentum von Gutsbesitzern, Kaufleuten usw. wird beschlagnahmt“ und – man höre und staune! – „die Arbeiter werden veranlaßt, Erhöhung der Löhne, Verringerung der Arbeitszeit usw. zu verlangen“.
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Der Weg von dieser China-Darstellung zur nazi-faschistischen war nicht weit. Was die Nazis draufsattelten, war die kompromisslose Einbindung des Kampfes gegen die chinesische Revolution in den weltweiten Kampf gegen den Kommunismus überhaupt. Mao – in einen Nebel aus Unkenntnis, Lüge und Dämonisierung getaucht – wurde zum „Bösen“ schlechthin.
Das in Mannheim erscheinende Hakenkreuzbanner. Das nationalsozialistische Kampfblatt Nordwestbadens meldete am 16. April 1935 unter der Überschrift „Kommunistenkrieg in Fernost“ „schwere Kämpfe zwischen den Regierungstruppen Tschiang-Kai-Tscheks [Jiang Jieshis] und dem Kommunistenstaat in der Provinz Kiangsi [Jiangxi]“, der „an Ausdehnung größer als das Deutsche Reich“ sei und „mehr als 50 Millionen Einwohner“ zähle. Der Kampf der Regierung habe „nicht nur lokale Bedeutung“, sondern beeinflusste „die politische Gestaltung des asiatischen Kontinents“, indem er „letzten Endes nicht nur gegen bestimmte rote Machthaber in Fukien [Fujian] oder Kiangsi [Jiangxi]“ gerichtet sei, „sondern gegen die Hammer- und Sichelstandarte als solche“. In der „unwegsamen Landschaft südlich von Jangtsetiang“ – das klingt, als ob es um eine Stadt ginge, gemeint ist aber der Fluss Yangzijiang – habe sich „eine provisorische rote Zentralregierung“ gebildet, „die sich allmählich mit Hilfe Moskaus zu einer Art von Sowjetrepublik entfaltete“. „Chef dieses Staats“ sei der „General Mao Chu-Teh“ geworden, „ein noch junger Zögling der Moskauer Propaganda-Universität für den fernen Osten und, wie es heißt, ein Freund und persönlicher Schützling Stalins“. „Chuh-Teh“ habe sich „dank einer ihm von Stalin geschenkten Radiostation in direkter Verbindung mit Moskau befunden“ und „von dort seine Instruktionen“ erhalten. Durch seine Armee sei „der Brandherd der Unruhe tiefer ins Innere Asiens getragen“ worden, und „hätte Japan nicht eingegriffen und den bolschewistischen Vorstoß im Norden, in der Mandschurei, zurückgeschlagen“, so wäre „Marschall Tschiang-KaiTschek [Jiang Jieshi] heute kaum in der Lage gewesen, einen Vernichtungskampf gegen den Kommunistenstaat in Kiangsi [Jiangxi] zu eröffnen“. In diesem Kampf seien mittlerweile „viele Hunderte der Roten […] getötet“ worden, darunter „auch der rote Generalissimus Chu-Teh“. – Ein Schulbeispiel für ein Gebräu aus Falschmeldungen, Teilwahrheiten und Offenbarung der faschistischen Herrschafts- und Vernichtungspläne. Dazu hier erst nur dies: der „Mao ChuhTeh“ des Jahres 1935 war eine Phantasiegestalt wie der „Chu-Mao“ des Jahres 1930 auch, und weder Mao Zedong noch Zhu De sind 1935 getötet worden.
Wird fortgesetzt.
V
in: Das Blättchen Nr. 19, 11. September 2023, S. 14-15
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Mit der konterrevolutionären, antikommunistischen und lügen- und dünkelhaften Chinasicht, wie sie im Teil IV dieser Artikelserie am Beispiel des Mannheimer Hakenkreuzbanners vom 16. April 1935 gezeigt wurde, war ein wahrhaftiges Bild von den Entwicklungen in China nicht zu gewinnen.
In scharfem Kontrast dazu stand die im Exil in Prag von Hermann Budzislawski herausgegebene Wochenschrift Die neue Weltbühne. Sie brachte Texte, die bis heute zum Wertvollsten gehören, was in diesen Jahren direkt aus China nach Europa und in die USA gelangt ist – verfasst von Menschen, die sich der chinesischen Revolution verschrieben hatten und, weil sie ihren oft selbst formulierten journalistischen Auftrag mit solidarischem Handeln für die Revolutionärinnen und Revolutionäre verbanden, weit im Lande herumkamen. Agnes Smedley war eine dieser Persönlichkeiten. In der neuen Weltbühne vom 1. Januar 1937 war von ihr unter dem Titel „Frauen im Bürgerkrieg“ der Bericht eines „roten Generals“ aus den Anfangsjahren der Sowjetgebiete 1928-1930 über eine „Frau des Hinterlands“ zu lesen, die von einem Truppführer der Guomindang verschleppt, vergewaltigt und zur Ehe gezwungen worden war. Sie „bevorzugten“ die „Kommunistinnen“, die leicht zu erkennen waren „an den unverkrüppelten Füßen und dem kurzen Haar“, die sich „rein“ hielten, „intelligent“ waren und „fleißige Arbeiterinnen“ noch dazu, obendrein „lesen und schreiben“ konnten. Diese Frau aber unterwarf sich dem Mann nicht, sondern zwang ihn zur Änderung seines Lebens und bewog ihn schließlich dazu, mit seinem ganzen Trupp und ihr zu den Roten überzulaufen.
Am 26. August 1937 veröffentlichte Die neue Weltbühne einen Text des Schriftstellers Upton Sinclair über „Eine Frau aus Iowa“. Gemeint war eben diese Agnes Smedley. „Abenteuerliche Kunde“ bringe „der Draht aus der entlegenen Provinz Shensi [Shaanxi]“. (Gemeint ist das im Ergebnis des „Langen Marsches“ Ende 1935 in der Grenzregion der Provinzen Shaanxi, Gansu und Ningxia von der KPCh gegründete revolutionäre Stützpunktgebiet mit der Hauptstadt Yan’an): „Eine Frau aus Amerika“ spiele „eine führende Rolle unter den Radikalen dieses von Unruhe und Gefahr erfüllten Gebiets.“ Nun, „führend“ war sie nicht. Aber nah dran – und darum kenntnisreich wie nur wenige sonst.
Zu diesen Wenigen gehörte auch Asiaticus, von dem nun vor allem die Rede sein soll. Asiaticus, der Kommunist Heinz Grzyb, auch Heinz Möller, war schon von 1925 bis 1927 in China tätig gewesen und hatte unter diesem Pseudonym für Die Weltbühne 1930 unter dem Titel „Yen Hsi-Schan [Yan Xishan]“ über den diesen Namen tragenden „Präsidenten der Mittelmäßigkeit“,
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die Machtkämpfe in der Guomindang und das Vordringen Japans in China vom Norden her geschrieben. 1931 schrieb er über „Das chinesische Rätsel“ und über den indischen Internationalisten Manabendra Nath Roy; 1932 unter dem Titel „In den Blutspuren der Kokuhonsha“ über „die Herren der japanischen Außenpolitik“, die heiße „kurz und bündig: Krieg!“ [Fehler im Satzbau i. O.]
Für Die neue Weltbühne wurde Asiaticus (alle genannten und etliche weitere seiner Artikel finden sich wie auch einige Arbeiten über ihn auf der Website www.asiaticus.de), der 1932 als Mitglied der KPD-Opposition wieder nach China gegangen war, zum entscheidenden Beschreiber und Analytiker der fernöstlichen Entwicklungen – und am 13. Juni 1935 mit dem Aufsatz „Die Roten in Szechuan [Sichuan]“ auch zu demjenigen, der in diesem Blatt erstmals Kunde von Mao Zedong gab. „Registrieren wir“, schrieb er aus Shanghai, „ein denkwürdiges Ereignis. Monatelang hat hier die imperialistische und die chinesisch-reaktionäre Presse die ‚endgültige‘ Vernichtung der Roten Armee avisiert, […] täglich lasen wir von der Umzingelung der roten Truppen, vom Massentod der roten Soldaten und ihrer Führer, von den Siegen Tschiangkaischeks [Jiang Jieshis]“, aber „Mitte Mai“ habe die Nachrichtenagentur Reuters mitteilen müssen, „dass die Hauptmasse der Roten, ‚wie es scheint‘, von Junnan [Yunnan] aus in den Südwesten der Provinz Szechuan [Sichuan] eingebrochen sei“. „Ja“, jubelte Asiaticus, „es war den Roten gelungen, in dieser Zone den Jangtse [Yangzi] zu überqueren.“
Das war – die künftige Geschichtsschreibung würde es bestätigen – einer der entscheidenden Momente des später „Langer Marsch“ genannten Rückzugs der Roten Armee vor den Schlägen der Guomindang-Truppen, und Asiaticus kommentierte euphorisch: „Die Leistung ist gigantisch. Die gestellte Aufgabe wurde strategisch glänzend gelöst, die Kämpfe wurden todesmutig durchgeführt, in den Annalen der revolutionären Kriege findet sich kein ähnlich tapferer Feldzug.“ Und wie würde es weitergehen? „Jetzt“, teilte Asiaticus mit, „eilt diese rote Armee, die von Chu Te [Zhu De] kommandiert und von Mao Tse-Tung [Mao Zedong], dem Vorsitzenden der chinesischen Sowjetregierung, geführt wird, der anderen roten Armee entgegen, die [unter Führung von Zhang Guotao] vom Nordwesten Szechuans [Sichuans] nach dem Süden strebt.“
Es ging nicht so schnell, wie Asiaticus erwartete – die beiden roten Armeen strebten wieder auseinander, die Truppen von Zhang Guotao zerstoben und wurden zerrieben. Die zum Ziel erklärte Shaanxi-Gansu-Ningxia-Grenzregion wurde erst im Spätherbst 1935 erreicht und war erst ein Jahr später, im Oktober 1936, so stabilisiert und vor Attacken der Guomindang geschützt, dass tatsächlich ein eigenes Staatswesen aufgebaut werden konnte. Asiaticus wusste immer, dass auf jeden Fall „noch schwere Kämpfe“ bevorstehen, und doch prophezeite er, dass „in diesem Augenblick“ die „Fundamente für den großen, epochemachenden Neubau Chinas gelegt“ würden.
Wird fortgesetzt.
VI
in: Das Blättchen Nr. 20 vom 25. September 2023, S. 13-14
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Der „Lange Marsch“ 1934/35 als „Fundament für den großen, epochemachenden Neubau Chinas“: So nahm der deutsche Kommunist Asiaticus schon 1935 vorweg, was später zu einer der zentralen Säulen des Selbstverständnisses der Gongchandang – der KP Chinas – werden sollte.
Der „Lange Marsch“ bewahrte das Erbe der seit 1928 in Südostchina mit der Hauptstadt Ruijin errichteten, dann aber von den Guomindangtruppen unter Jiang Jieshi zerschlagenen Sowjetgebiete, verlagerte den Schwerpunkt des revolutionären Kampfes ins nordwestlich gelegene Shaanxi-Gansu-Ningxia-Grenzgebiet mit der Hauptstadt Yan’an und formte jenen Kern der Gongchandangführung, der 1937 die Guomindang zur Zusammenarbeit gegen den Aggressor Japan zwingen, 1946 bis 1949 den Bürgerkrieg gegen die Guomindang siegreich gestalten und 1949 die VR China gründen sollte. Und: Er wurde mit der im Januar 1935 in der kleinen Stadt Zunyi durchgeführten Parteikonferenz zum Ort des Triumphes von Mao Zedong über seine innerparteilichen Gegner und des Beginns seiner bis zu seinem Tode am 9. September 1976 dauernden 40jährigen Herrschaftszeit.
Und es sei das Folgende noch einmal nachdrücklich unterstrichen, weil es zum Erbe des Blättchens gehört: Diese Prognose des Asiaticus stand nicht irgendwo, sondern – am 13. Juni 1935 – in der im antifaschistischen Exil in Prag erschienenen Zeitschrift Die neue Weltbühne, und sie erreichte damit Frauen und Männer, die ihrer antifaschistischen Haltung wegen aus dem
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faschistischen Deutschland geflohen waren und begierig jedes Signal der Hoffnung aufsogen, dass die Idee der sozialistischen Revolution nicht sterben und der Aufstieg des Faschismus nicht das letzte Wort der Geschichte sein würde.
Aber woher nahm Asiaticus, der im November 1941 an der Seite chinesischer Partisanen im Kampf gegen die japanischen Eroberer ums Leben kommen sollte, die Kühnheit zu einer solchen weit in die Zukunft reichenden Voraussage? Sie erwuchs wohl aus der Intensität, mit der dieser Mann wie kaum ein anderer Europäer leibhaftig und mit großer intellektueller Wachheit über viele Jahre hinweg mit der chinesischen Revolution verbunden war. Zeugnis davon legte er erstmals im Jahre 1928 ab, als er – schon vor seinen in Teil V genannten Wortmeldungen in der Weltbühne – mit dem im Agis-Verlag Wien-Berlin erschienenen Buch „Von Kanton bis Schanghai 1926-1927“ auf sich aufmerksam machte. Seine Tätigkeit in China in dieser Zeit rekapitulierend, wählte er zur Einleitung den so dürren wie pathetischen Satz, wonach das Buch „nichts als Tagesjournalismus im Dienste der chinesischen Revolution“ enthalte. „Tagesjournalismus“, das meint: Asiaticus, in Wuhan lebend, verfasste Artikel, die „dortselbst in den offiziellen Organen der Nationalregierung und des Hauptquartiers der nationalrevolutionären Armee erschienen“, und zwar in der Zeit des revolutionären Zusammenwirkens von Guomindang und Gongchandang „von den Mai-Ereignissen des Jahres 1925 bis zum Verrat der Bourgeoisie und ihres kleinbürgerlichen Anhangs an der nationalen Revolution und dem Auseinanderfallen der Wuhanregierung“ im April 1927.
Der Sammlung dieser Artikel und verschiedener offizieller Dokumente der nationalrevolutionären Regierung vorangestellt ist eine fünfzigseitige Darstellung „Die chinesische Revolution 1925-1927“, deren Schlussabschnitt in der Voraussage gipfelt, dass die KP Chinas als „Partei, die in den ersten Jahren ihrer Geschichte eine solche gewaltige Arbeit der Revolutionierung nicht nur des chinesischen Proletariats, sondern auch der Millionenmassen der Bauernschaft und der kleinbürgerlichen Armut geleistet hat, trotz aller Niederlagen auch die Partei des Sieges und der siegreichen nationalen und sozialen Revolution sein wird [Hervorhebung i.O.]“, während die Guomindang „jetzt bereits geschichtlich ein stinkender Kadaver geworden“ sei.
Und dann – und darum gebührt ihm hier doppelte Aufmerksamkeit – gibt es in diesem Buch eben auch Mao Zedong. Schon 1928, also noch vor seiner ersten Erwähnung in der Roten Fahne im April 1929. Aber das ist weitgehend unbeachtet geblieben. Damals – und auch späterhin. Selbst die Pionierin der Asiaticus-Forschung, die DDR-Sinologin Helga Scherner (1929-2021), hat diesen Text nicht erwähnt.
Worum also geht es? Auf den Seiten 273-276 des Asiaticus-Buches findet sich ein „Dokument XIII“, als Quelle ist angegeben die Chinese Correspondence, das Wochenorgan des Zentralexekutivkomitees der Guomindang, Nr. 8, Wuhan, 15. Mai 1927, und es trägt die Überschrift „Die Revolution in den Dörfern“, und darunter steht „Von Mao Tze Tung [Mao Zedong]“. Dieser Zusatz fehlt jedoch im Inhaltsverzeichnis, und auch nirgends sonst im Buch findet Mao noch irgendeine Erwähnung.
Dabei sollte dieser Text später enorme Bedeutung erlangen. Als „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ steht er in den 1952 in Beijing offiziell herausgegebenen Ausgewählten Werken Mao Zedongs im Band I an zweiter Stelle und gilt als Schlüsseltext für die Orientierung Maos auf die revolutionäre Bauernschaft. Dass er in dieser Fassung auf eine Länge von 42 Seiten angewachsen ist, soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden. Viel wichtiger sind hier die schon 1928 in Deutschland zu lesenden Mao-Sätze: „Die Bewegung der Bauern ist einer der wichtigsten Faktoren der Revolution geworden. Schon jetzt haben sich Hundertausende erhoben, und bald werden es Millionen überall in China sein, im Zentrum, im Norden und im Süden. […] Jede Partei und jede Regierung wird mit dieser Bewegung rechnen müssen. Ihre Haltung gegenüber den erwachenden Bauern wird die entscheidende Grundlage ihres Erfolges sein. Und auch alle anderen Klassen werden die Frage beantworten müssen: Für oder gegen die Bauern? Das Erwachen der Bauern sichert ihnen und ihren Verbündeten den Sieg und vernichtende Niederlage ihren Feinden.“
Wird fortgesetzt.