Adolphi 2023: Wie Mao in deutsche Köpfe kam (VII-IX)
Wie Mao in deutsche Köpfe kam
von Wolfram Adolphi
VII
in: Das Blättchen, 26. Jahrgang, Nr. 21, 9. Oktober 2023, S. 9-10
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Mao Zedongs erste Erwähnung in Deutschland also nicht in einer Zeitung – der Roten Fahne vom 23. April 1929 –, sondern in einem Buch? Im 1928 erschienenen „Von Kanton bis Schanghai 1926-27“ des Asiaticus? Mit dem Abdruck des Textes „Die Revolution in den Dörfern“, der später in Maos Ausgewählten Werken in erweiterter Fassung zum strategischen Schlüsseldokument „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ werden sollte? So ist es wohl.
Die Revolution 1925-27 insgesamt betreffend ist der Originalabdruck dieses Textes übrigens ein stimmiges Zeugnis dafür, wie eng die Zusammenarbeit von Guomindang und Gongchandang (KPCh) in deren erster Etappe gewesen ist. Denn der deutsche Kommunist Asiaticus arbeitete darin ja eben nicht für die Gongchandang, sondern für die nationalrevolutionäre Regierung, die von der Guomindang geführte wurde, und veröffentlichte den Mao-Text in deren Zeitschrift, der Chinese Correspondence. Allerdings standen die Zeichen zum Zeitpunkt des Abdruckes – am 15. Mai 1927 – schon überdeutlich auf Sturm. Einen Monat zuvor – am 11./12. April – hatte Jiang Jieshi in Shanghai ein Massaker unter Mitgliedern der Gongchandang und linker Gewerkschaften anrichten lassen und damit die Zusammenarbeit auf blutige Weise beendet.
In Wuhan jedoch – dort, wo die Chinese Correspondence erschien – hielt sich bis zu ihrer Überwältigung durch Jiang Jieshi im Juli 1927 eine relativ eigenständige linke Guomindangregierung, in der auch Mao Zedong eine Rolle spielte, und Kunde davon gab in Deutschland wiederum ein Buch. Der österreichische Sinologe und Völkerkundler Otto Mänchen-Helfen hat es unter dem Titel „China“ geschrieben, bei Kaden & Comp. in Dresden ist es 1931 erschienen, und es ist darin die Rede von „höchst bemerkenswerten“ Verhandlungen der „Agrarkommission“, die, „eingesetzt von der linken Kuomintang [Guomindang], im Mai 1927 in Wuhan tagte“. Alle „großen Führer“ hätten an den Beratungen teilgenommen: „Wang Ching-wei [Wang Jingwei] und Cheng Kung-po [Chen Gongbo]“ – die Spitzen der Wuhan-Regierung –, weiter „der General Tang Sheng-chi [Tang Shengzhi], Sun Fo [Sun Ke], der Sohn Sun Yat-sens [Sun Zhongshans]“, sowie „die Kommunisten Mao Tze-tun [Mao Zedong]“ – das ist eine schöne Bestätigung für den Anlass des von Asiaticus überlieferten Mao-Berichts – „und Tang Pin-shan [Tan Pingshan – W.A.]“. Alle seien sich „einig“ darin gewesen, dass „die Revolution die Bauern braucht“. „Wie können wir“, habe „Teng Yen-ta [Deng Yanda]“ gefragt, „den Imperialismus schlagen, wie kann die Demokratie siegen, wenn die Bauern nicht die Revolution unterstützen?“
Die Wege der Genannten sollten sich bald entschieden voneinander trennen. Wang Jingwei und Chen Gongbo liefen 1940 zu den Japanern über – Wang als Chef der in Nanjing etablierten Marionettenregierung, Chen Gongbo als Bürgermeister von Shanghai –, Tang Shengzhi und Sun Ke stellten sich Jiang Jieshi an die Seite, Tan Pingshan mäanderte zwischen Guomindang und Gongchandang, Deng Yanda wurde 1931 von der Guomindang als „Verräter“ hingerichtet, Mao ging im Sommer 1927 in die Berge.
Doch nun wieder zur Presse im faschistischen Deutschland in der Mitte der 1930er Jahre. In der Sächsischen Volkszeitung griff am 4. Juli 1936 plötzlich ein erstaunlicher Realismus Platz: Unter dem Eindruck des Vordringens der japanischen Truppen von der 1931 eroberten Mandschurei aus nach Süden stellte das Blatt fest, dass die Frage nicht mehr laute, „ob die Chinesen gegen die Japaner den Kampf aufnehmen, sondern wann sie mit dem militärischen Widerstand einsetzen werden“, und der Mann, von dem das wesentlich abhinge, sei der „Präsident Sowjetchinas, Mao Tse-tung [Mao Zedong]“. Der herrsche in den Provinzen Shensi [Shaanxi] und Shansi [Shanxi] „über einen festgefügten kleinen Sowjetstaat von Hunderten von Dörfern und Marktstädten“ – gemeint ist das im Ergebnis des Langen Marsches entstandene Sowjetgebiet in der Grenzregion der Provinzen Shaanxi, Gansu und Ningxia (siehe Teil V dieser Serie) – und könne sich zudem darauf stützen, dass „in weiten Gebieten Chinas die Kommunisten nicht nur die Bevölkerung allein, sondern vielfach sogar die ihnen entgegengestellten Regierungstruppen für sich gewonnen haben“. Die Gründe dafür lägen vor allem in ihrer „Forderung nach mannhafterem Widerstand gegen die Japaner“, aber auch in den „stets rasch durchgeführten Enteignungen der Großgrundbesitzer und Neuverteilungen der Ländereien unter die armen Pächter“, weiter in den „großzügigen Entschuldungsaktionen unter den Kleinbauern“, der „Abschaffung
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der hohen Zinssätze“, der „Revision des Steuersystems“, der „Konfiskation der Kloster- und Tempelgüter zum Zwecke des öffentlichen Gebrauches“ sowie in der „Begrenzung der Arbeitszeit“, der „Tarifisierung der Löhne“, der „Massenunterrichtung der Bevölkerung“ und der „strengen Unterdrückung des Mohnanbaues“.
Das waren überraschend positive Bilder, und es ist ein bisschen unklar, wie sie dahin geraten konnten. Am 8. Juli 1931 nämlich hatte selbige Sächsische Volkszeitung für das Agieren der „kommunistischen Elemente“ – damals in den ursprünglichen Sowjetgebieten im chinesischen Südosten – nur jene Verteufelung übrig gehabt, die später für die Nazi-Presse insgesamt typisch werden sollte (siehe Teil IV).
Hier aber nun diese Ausnahme von der Regel, gipfelnd in einer Mitteilung, die vom Verlauf der Geschichte nachdrücklich bestätigt werden sollte: Die Kommunisten, hieß es, setzten jetzt „alles daran“, zum einen „im Norden festen Fuß zu fassen, um einen soliden Riegel gegen die vordringenden Japaner bilden zu können“, und zum anderen, um „Marschall Tschiang Kai-shek [Jiang Jiesh] davon zu überzeugen, daß ihm nur eine Einigung mit den Roten den Erfolg gegen Japan bringen kann“.
Nachsatz: Zur Schreibweise der chinesischen Eigennamen. In den Zitaten wird die originale Schreibweise verwendet und in eckigen Klammern die heutige Pinyin-Schreibweise angefügt. Nicht hinzugefügt wird die Pinyin-Fassung dann, wenn bereits im Original mit Pinyin gearbeitet ist. Ebenfalls mit Pinyin gearbeitet wird im Fließtext.
Wird fortgesetzt.
VIII
in: Das Blättchen, Nr. 23, 6. November 2023, S. 14-15
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Am 25. November 1936 verbündeten sich Deutschland und Japan im „Abkommen gegen die Kommunistische Internationale“, kurz: Antikominternpakt. Damit war die offen zum Weltkrieg treibende „Achse Berlin-Tokio“ geboren; der faschistisch-militaristische Antikommunismus zog in die internationalen Beziehungen ein. Es traten dem Pakt später bei: 1937 Italien, 1939 Ungarn, der japanische Satellitenstaat Mandschukuo und Spanien, 1941 (nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion) Rumänien, Finnland, Kroatien, die Slowakei, Bulgarien, das von Deutschland besetzte Dänemark und die japanische Marionettenregierung im besetzten China.
Im Artikel I des unmissverständlich antisowjetischen und konterrevolutionären Paktes kam man überein, „sich gegenseitig über die Tätigkeit der Kommunistischen Internationale zu unterrichten, über die notwendigen Abwehrmaßnahmen zu beraten und diese in enger Zusammenarbeit durchzuführen“; Artikel II legte fest, dass man „dritte Staaten, deren innerer Friede durch die Zersetzungsarbeit der Kommunistischen Internationale bedroht wird, gemeinsam einladen“ werde, „Abwehrmaßnahmen im Geiste dieses Abkommens zu ergreifen oder an diesem Abkommen teilzunehmen“. In
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geheimen Zusatzvereinbarungen sicherten sich Japan und Deutschland zu, mit der Sowjetunion keine Verträge abzuschließen, die dem Geiste des Pakts widersprächen. Diesen Passus würde Japan später als durch den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 verletzt betrachten.
Aber nicht darum soll es hier gehen, sondern um die Rolle des Paktes für das japanische und auch deutsche Vorgehen in China. In den Augen des von Norden her vorrückenden Japans war China genau jener „dritte Staat“, wie er im Artikel II gemeint war als einer, dessen „innerer Friede durch die Zersetzungsarbeit der Kommunistischen Internationale bedroht wird“. In seinen Planungen zur Schaffung einer von ihm beherrschten „Großostasiatischen Sphäre der Ko-Prosperität“ verfolgte der japanische Machtblock 1936 daher das Ziel, die Guomindang für eine gemeinsame Ausschaltung der kommunistischen Bewegung in China zu gewinnen und sich dabei kraft des Paktes auch deutscher Unterstützung zu versichern.
Über die Annahme des japanischen Angebots kam es in der Guomindang zu heftigen Auseinandersetzungen, die am 12. Dezember 1936 in der als „Xi’an-Zwischenfall“ in die Geschichte eingehenden Verhaftung Jiang Jieshis durch die beiden ihm unterstellten Armeeführer Marschall Zhang Xueliang und General Yang Hucheng einen dramatischen Höhepunkt erlebten. Die faschistische deutsche Presse war alarmiert. „Tschangsueliang [Zhang Xueliang]“ – so meldete die Badische Presse und Handels-Zeitung am 16. Dezember – strebe „eine Verbindung mit dem General Mao“ an, der „rein kommunistisch“ und „außerdem von jeher ein Feind Tschiangkaischeks [Jiang Jieshis]“ gewesen sei. Die Dresdner Neuesten Nachrichten mit Handels- und Industrie-Zeitung berichteten gleichen Tages, dass Zhang Xueliang „auf Umgestaltung der Regierung auf kommunistischer Grundlage“ dränge. Die Lage sei jedoch unklar, weil Zhangs Truppen eigentlich „im Auftrag Nankings [Nanjings]“ – das heißt: Jiang Jieshis – die „roten chinesischen Truppen“, die „unter dem Befehl des Generals Mao stehen“, bekämpfen sollten.
„Klarheit“ im Sinne des faschistischen Weltbildes schuf am 23. Dezember 1936 in Der Führer. Hauptorgan der NSDAP Gau Baden ein Ernst v. Ungern-Sternberg. Der „rote Schatten Moskaus“ – schrieb er – habe sich „wieder einmal über dem Horizont Chinas erhoben“. Der „berüchtigte rote General Mao-tse-tung [Mao Zedong]“ – „Chef der chinesischen Kommunisten“, „Vertrauter, fast Freund Stalins“, „in Moskau an der von Radek gegründeten kommunistischen Propagandauniversität“ ausgebildeter und, „des Russischen mächtig“, „mit der Komintern in ständiger enger Verbindung“ stehender „Drahtzieher aller Aufstände und Revolutionen in China, die im Interesse Moskaus liegen“, – habe sich „in einem Flugzeuge nach Sianfu [Xi’an] begeben“. „Erst kürzlich“ habe er „in Moskau […] längere Besprechungen mit Stalin, Woroschilow und Dimitroff gehabt“, und „auf der Rückfahrt“ habe es „in Sianfu eine geheime Zusammenkunft mit dem Marschall Tschanghsueliang [Zhang Xueliang]“ gegeben. All dies lasse keinen Zweifel: Beim „Wetterleuchten in Sianfu“ handele es sich „nicht um eine lokale Rebellion“, sondern vielmehr „um einen Zugriff Moskaus in den Weltfrieden“, und es sei nur zu „hoffen“, dass es „der bewährten Statsklugheit [sic] Japans im Verein mit dem hoffentlich bald befreiten Marschall Tschiangkaischek [Jiang Jieshi] gelingen“ werde, „der bolschewistischen Schlange rechtzeitig den Kopf zu zertreten“.
Fakt war an dieser Darstellung nur eines: Mao war seit 1935 tatsächlich Chef der Gongchandang. Alles andere war Lüge pur. Nie war Mao in Moskau gewesen (erst 1949 würde er dorthin fahren), nie hat er dort studiert, nie sprach er russisch, keineswegs war er Stalins Freund und nie traf er mit Zhang Xueliang in Xi’an zusammen. Was es tatsächlich in Xi’an gab, war eine Gongchandang- Delegation aus Yan’an, die unter der von Mao mitbeschlossenen Leitung Zhou Enlais in Übereinstimmung mit Zhang Xueliang und Yang Hucheng am 23. Dezember 1936 mit Jiang Jieshi eine Vereinbarung aushandelte, die auf eine Beendigung des Bürgerkriegs und die Herstellung einer antijapanischen Einheitsfront hinauslief. Jiang Jieshi, der wieder freigelassen wurde, musste – wie Oskar Weggel in seiner „Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert“ (Stuttgart 1989) treffend vermerkt – „die politische Weitsicht seiner kommunistischen Gegner grimmig anerkennen“.
Wird fortgesetzt.
IX
in: Das Blättchen, Nr. 24, 20. November 2023, S. 15-17
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Für Zhang Xueliang, den rebellierenden Marschall, endete der „Xi’an-Zwischenfall“ mit einer Verurteilung durch die Guomindang und einem bis 1990 andauernden, ab 1949 auf der Insel Taiwan abgesessenen Hausarrest. Er ging 1990 nach Haiwaii, wo er 2001 hundertjährig verstarb. General Yang Hucheng wurde 1949 in Nanjing durch die Guomindang hingerichtet. Jiang Jieshi hat beiden Männern ihre Tat, die sich für den antijapanischen Widerstand am Ende als so unerhört bedeutsam erweisen sollte, nicht verziehen.
In der faschistischen deutschen Presse sorgten die Xi’an-Ereignisse für eine gewisse Verunsicherung. Wie würde es weitergehen mit China? Die Sächsische Volkszeitung war am 30. Dezember 1936 einerseits davon überzeugt, dass „Tschangsueliang [Zhang Xueliang] bzw. seine
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Hintermänner“ das mit der Gefangennahme Jiang Jieshis beabsichtigte „politische Ziel nicht erreicht“ hätten. Weder sei es zum „Bruch mit Japan“ gekommen noch zur „politischen Entmachtung des Generalissimus“, und das sei wichtig, denn es habe ja doch die „Vermutung“ gegeben, dass „hinter dem Handstreich Tschangsueliangs Moskau stände [sic]“, und „Moskau“ verfüge erstens „in der Person des roten chinesischen Generals Mao in der Provinz Kansu [Gansu]“ über „einen eifrigen Parteigänger“ und habe zweitens am „offenen Bruch zwischen Nanking [Nanjing] und Tokio seit langem mehr als ein platonisches Interesse“. Andererseits müsse Japan seinen Druck auf China wohl „mildern“, denn „die Verhandlungen in Sianfu [Xi’an]“ hätten gezeigt, wie „eng“ für Jiang Jieshi „die Grenzen des Nachgebens durch die Macht der Tatsachen und die Stimmung des nationalen China gezogen“ seien. Damit war die Interessenlage NaziDeutschlands durchaus getroffen: Den Antikominternpakt, den es am 25. November 1936 mit Japan abgeschlossen hatte (und der im Artikel ungenannt blieb), wollte es nicht als anti-nationalchinesisch, sondern ausschließlich antikommunistisch verstanden wissen. Man wünschte, dass die „Spannungen zwischen den beiden ihm befreundeten Ländern“ (also China und Japan) einer „Lösung von Dauer“ zugeführt würden, und vertraue dabei „auf die Stabilität“ der von Jiang Jieshi geführten Regierung. Sei diese gefährdet, würde „vor allem die Komintern ein dankbares Feld ihrer Unterminierungsarbeit finden“.
In diese Kerbe des Antikominternkurses schlug am 4. Januar 1937 mit einer Vehemenz, die erstens die ganze Welt in den Blick nahm und zweitens Mao Zedong als Inkarnation des „kommunistischen Bösen“ etablierte, im Führer. Hauptorgan der NSDAP Gau Baden ein Autor „K. aus Shanghai“. Die Freilassung Jiang Jieshis dürfe „über die Tatsache, daß der Aufstand von Schensi [Shaanxi]“ – gemeint ist der „Xi’an-Zwischenfall“ (Xi’an ist die Provinzhauptstadt von Shaanxi) – „von Moskau planmäßig herbeigeführt war, nicht hinwegtäuschen“. Die „unterirdische Arbeit der Kominternagenten in China“ sei „wieder stark fühlbar geworden“; „durch die Mongolei“ seien „immer wieder Agenten der Komintern in die Provinzen Shansi [Shanxi] und Schensi [Shaanxi] gekommen, wo sie unter stillschweigender Unterstützung Maos ihre verhetzende Arbeit verrichten, mit dem Zwecke, China gegen Japan aufzuwiegeln.“
„In Schensi [Shaanxi]“, schrieb K. weiter, seien „wie nirgends“ sonst „die Voraussetzungen für den Bolschewismus gegeben“, und das genau sei ja der Zweck der Reise Jiang Jieshis im Dezember 1936 nach Xi‘an (wo er dann verhaftet wurde) gewesen: die „vollständige Unterdrückung“ der dortigen „moskowitischen Revolutionsversuche“. Es befinde sich in Schensi „eine bekannte Hochschule“, deren Studenten sich „durch die unermüdliche Arbeit der Moskauer Agenten leicht beeinflussen“ ließen, und so habe „Moskau“ geplant, „den Boden in Schensi so zu revolutionieren, daß nachher der General Mao mit Begeisterung von den Schensitruppen und Studenten aufgenommen würde.“ Damit aber nicht genug: Angesichts einer „zunehmenden Revolutionierung von französisch Tonkingchina“ (gemeint ist das kolonialisierte Vietnam) wachse „die Gefahr“ von Angriffen auf Nationalchina auch von Süden her, und daher sei es „von größter Wichtigkeit, daß der Kampf gegen Moskau in China mit eiserner Energie geführt“ werde. „Wenn Europa“, so schloss K. seinen Text, „noch nicht durch den Brand in Spanien weit genug die Augen geöffnet wurden“, so müsste das „erste Aufflammen der bolschewistischen Fackel in China“, wie es sich mit dem „Aufstand in Schensi“ gezeigt habe, „nun bald Lehrmeister der Gefahren sein, die der ganzen Welt von Moskau drohen“.
Dass K. durchgängig von „Schensi [Shaanxi]“ schrieb, lässt ahnen, dass er vom tatsächlichen Sowjetgebiet in der Grenzregion der Provinzen Shaanxi, Gansu und Ningxia, wie es im Ergebnis des „Langen Marsches“ ohne Einschluss der Provinzhauptstadt Xi’an entstanden war, keine Kenntnis hatte. Aber auch wohlwollende Beobachter wussten diesbezüglich nichts Genaues – wie etwa jener Donald B. Hawkes, der am 21. Dezember 1936 den Leserinnen und Lesern der deutschen antifaschistischen Exilzeitung Pariser Tageszeitung/Quotidien de Paris die Erstaunlichkeit mitzuteilen hatte, dass man „in Europa“ zwar durchaus schon von „größeren kommunistischen Truppenverbänden“ in China gehört habe, „von der Existenz einer richtigen Sowjetregierung […] allerdings noch kaum.“ Dennoch sei diese vorhanden, und sie sei „sogar unendlich viel stärker, als es die chinesische Regierungspresse je hat wahrhaben wollen“. Ihre genaue Verortung schuldig bleibend, wusste Hawkes doch zu berichten, dass diese „kommunistische Gebietsregierung“ von einem Mann namens Mao Tse Tung [Mao Zedong] geführt würde, politisch „vollständig antijapanisch“ eingestellt sei, Gebiete „über viermal so groß wie Großbritannien“ zu kontrollieren behaupte, weiter sich rühmte, „die 19. Marscharmee Tschang Kai Scheks [Jiang
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Jieshis] kommunistisch vollständig unterminiert zu haben, so dass sie als aktiver Faktor gegen die chinesische Rote Armee nicht mehr in Betracht komme“, und schließlich „bei der Nankinger [Nanjinger] Nationalregierung schon längst ihre Bereitwilligkeit für den Fall eines Krieges gegen Japan angemeldet“ habe.
Wird fortgesetzt.