Biografisches zu Wolfram Adolphi

Geboren wurde ich am 6. Januar 1951 in Leuna im Bezirk Halle (DDR).

1969 Abitur an der Erweiterten Oberschule (EOS) »Ernst Haeckel« in Merseburg, zugleich Facharbeiterbrief als Rinderzüchter in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) »Friedrich Engels« in Schafstädt. 

1969-1971 Soldat im Grundwehrdienst der Nationalen Volksarmee der DDR.

1971-1976 Studium der Außenpolitik am Institut für Internationale Beziehungen in Potsdam-Babelsberg. Diplomarbeit zum Thema »Die Chinapolitik Frankreichs in den siebziger Jahren«. Seither Beschäftigung mit der Geschichte und Gegenwart Chinas. 

1976-1980 Wissenschaftlicher Aspirant im Fachgebiet »Neueste Geschichte Chinas« der Sektion Asienwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin; 1978 Studienaufenthalt an der Botschaft der DDR in der VR China, der in ein dreimonatiges Chinesisch-Sprachstudium am Yuyan xueyuan (Sprachinstitut) in Peking mündete.

1980 als Schüler von Prof. Dr. Roland Felber und Dr. Bernd Kaufmann Promotion zum Dr. phil. mit dem Thema »Zur Wirkung des Verhältnisses zwischen den USA und der VR China in Südostasien in den siebziger Jahren« an der Humboldt-Universität zu Berlin.

1980-1985 Ostasien-Korrespondent der Wochenzeitschrift »horizont« in Tokio.

1985-1990 erneute wissenschaftliche Aspirantur an der Humboldt-Universität; 1987-1988 erneuter Studienaufenthalt in China, diesmal an der Beijing daxue, der Peking-Universität, und am Di’er lishi dang’anguan, dem Zweiten Historischen Archiv, in Nanking.

1988 gemeinsam mit meinem Bruder Joachim Adolphi Veröffentlichung des Buches »High-Tech im Land der Samurai«, Verlag Neues Leben, Berlin.

1989 Habilitation zum Dr. sc. phil. mit dem Thema »Die Chinapolitik des faschistischen Deutschland 1937-1945« an der Humboldt-Universität zu Berlin.

November 1989 - Februar 1990 Arbeitsurlaub, darin politisches Engagement an der Universität für die Reform der SED-Universitätsorganisation.

Frühjahr 1990 Erscheinen des gemeinsam mit meinem Lehrer Roland Felber im Dietz Verlag Berlin herausgegebenen Buches »Die Volksrepublik China 1979-1989. Eine kommentierte Chronik« (Bearbeitung Achim Sperling, Dirk Stapff, Juliana Welcker, Tino Zeiske).  

Februar 1990 - August 1991 Landesvorsitzender der PDS in Berlin; von Mai 1990 bis Dezember 1990 Abgeordneter in der (Ost)-Berliner Stadtverordnetenversammlung und von Dezember 1990 bis August 1991 im Berliner Abgeordnetenhaus. August 1991 Rücktritt von allen Ämtern und Mandatsniederlegung nach öffentlicher Erklärung über inoffizielle Arbeit für die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) der Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.

1992-1999 freiberufliche Arbeit zum China-Thema, u. a. als Bearbeiter (gemeinsam mit Dr. Peter Merker) des von Prof. Dr. Mechthild Leutner 1998 an der Freien Universität Berlin herausgegebenen Buches »Deutschland und China 1937-1949. Eine Quellensammlung« sowie mit Aufsätzen in Sammelbänden und in der Zeitschrift »UTOPIE kreativ« (dort auch ehrenamtliche Tätigkeit als Redakteur). Zugleich Erarbeitung und Herausgabe von regionalen Porträtbänden der Reihe »Edition Profile«.

1999-2002 und 2005-2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Roland Claus (PDS, dann DIE LINKE); dazwischen 2003-2005 Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin.

2004 Roman »Chinafieber« im NORA-Verlag, Berlin.

2007 Roman »Chinatraum« ebenfalls bei NORA.

2009 Sachbuch »Mao. Eine Chronik« im Verlag Neues Leben, Berlin.

2010 Roman »Die chinesische Karte« bei NORA.

2005-2017 Mitarbeit am »Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus« (HKWM) und an der Zeitschrift »Das Argument«. 

2015-2020 Romantrilogie »Hartenstein« bei NORA.

 

 

 

Meine Bücher

1. Wolfram und Joachim Adolphi, High-Tech im Land der Samurai. Erlebnisse im Umfeld eines »Wirtschaftswunders«, Verlag Neues Leben, Reihe nl konkret Nr. 84, Berlin (DDR) 1988, 196 S.

Das mit Schwarz-weiß-Fotos illustrierte, in der viel gelesenen Reihe »nl konkret« des Verlags »Neues Leben« erschienene Buch entstand im Ergebnis meines fünfjährigen Japanaufenthaltes als Korrespondent des »Horizont«. Ausgangspunkt war der Briefwechsel mit meinem Bruder Joachim Adolphi, der mit seinen Fragen und Anmerkungen den Blick auf das fremde, aber bald auch vertraut werdende Land schärfte. Das Buch enthält Darstellungen zur Geschichte und Politik Japans und dazu Etliches zum Alltagsleben, das ich vorher bereits in Artikeln für den »Horizont«, »Die Weltbühne«, manchmal auch die »Berliner Zeitung« und die »Junge Welt« verarbeitet hatte.

Das Buch erschien im November 1988 mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren und war in kurzer Zeit vergriffen. Eine Neuauflage im Januar 1990 wurde wieder eingestampft. Die Lesewünsche waren im Herbst 1989 ganz andere geworden.

2. Die Volksrepublik China. Eine kommentierte Chronik 1979-1989, zusammengestellt von Achim Sperling, Dirk Stapff, Juliana Welcker, Tino Zeiske, Herausgeber: Roland Felber, Wolfram Adolphi, Dietz Verlag, Berlin (DDR) 1990, 218 S.

Dieses Buch ist tatsächlich im Frühjahr 1990 noch erschienen - mitten im Wirrwarr von Zusammenbruch und Aufbruch. Es war entstanden in einer schönen, ein Jahr dauernden, von meinem Lehrer Prof. Dr. Roland Felber (1935-2001) geleiteten Kollektivarbeit mit den Studierenden, die oben namentlich genannt sind, an der Sektion Asienwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Ich trug die Verantwortung für den außenpolitischen Teil, den Juliana Welcker und Tino Zeiske zusammenstellten.

Im Klappentext heißt es: »Juni 1989 - Der Tian'anmen-Platz in Beijing wird gewaltsam von Demonstranten ’geräumt’. Die Zahl der Opfer bleibt umstritten. Ist das die Bilanz von zehn Jahren Wirtschaftsreform und Öffnungspolitik nach außen oder Ausdruck mangelnder Reform des politischen Systems? Über Konzepte und Methoden eines Modernisierungskurses unter sozialistischen Vorzeichen mit spezifisch chinesischer Prägung gibt diese faktenreiche, überschaubar angeordnete Chronik Auskunft. Die Herausgeber waren selbst kritische Augenzeugen dieses politisch turbulenten Jahrzehnts in China. - Übersichten, Tabellen, Grafiken, Register und eine Karte dienen der schnellen Information.

Die Arbeit am Buch war die Erfahrung schöpferischer, Generationen übergreifender Gemeinsamkeit in einer Zeit voller Dramatik in der Welt und in der DDR. Ein wenig davon habe ich romanhaft erzählt in »Chinatraum«.

3. Wolfram Adolphi, Profile aus dem Norden Berlins. Zwischen Tegel und Oranienburg, Bd. I 1994, Mitarbeit: Silke Voigt, Edition Profile, Verlag Dr. Wolfram Adolphi, Berlin 1994, 400 S.

Dieses Buch ist im Eigenverlag entstanden - einem Unternehmen, das ich 1993, nachdem ich 1991 aus der Politik ausgestiegen und von der Humboldt-Universität fristlos gekündigt worden war, gegründet hatte, um als Lizenzpartner in der EDITION PROFILE des in Gauting bei München lebenden Unternehmers Peter G. Jurgeleit tätig sein zu können. Die Zusammenarbeit dauerte bis 1998. - Das Buch, an dem mitzuwirken die Historikerin Silke Voigt sich bereit erklärte, enthält fast 200 Porträts in Wort und Bild von - wie es im Untertitel der bundesweit erschienenen Reihe heißt - »Bürgern unserer Zeit«, das heißt: von Frauen und Männern eines Landkreises, die sich in Wirtschaft, Handwerk, Politik, Kunst und Kultur, Sport und zivilgesellschaftlichen Organisationen einen Namen gemacht haben..

Das Buch trägt die geografische Zuordnung »Aus dem Norden Berlins - Zwischen Tegel und Oranienburg«. Gespannt auf die Situation dies- und jenseits der im November 1989 geöffneten und rasch abgetragenen Berliner Mauer, habe ich das Landkreisprinzip durchbrochen, und Silke Voigt und ich führten also Gespräche sowohl im ehemals zu Westberlin gehörenden Stadtbezirk Reinickendorf - wozu auch Tegel gehört - als auch in den nördlich und westlich angrenzenden ehemals zur DDR gehördenden Städten und Gemeinden wie Oranienburg, Birkenwerder, Hohen Neuendorf, Schönfließ, Hennigsdorf, Leegebruch, Velten oder Bötzow.

Entstanden ist in Momentaufnahmen ein Zeitdokument, das zunächst einmal den damals Porträtierten gefallen und ihnen Kontaktaufnahme und Vernetzung erleichtern sollte, heute aber schon wie ein Geschichtsbuch für die ganze Region gelesen werden kann. Denn: Unsere Texte sind immer etwas länger geworden, als es die Standardvorlage vorsah, weil uns neben dem Aktuellen immer auch das Geschichtliche interessierte.

4. Wolfram Adolphi, Profile aus dem Leipziger Norden. Leipzig - Delitzsch - Eilenburg, Band I 1995, Mitarbeit: Annelies Panten, Edition Profile, Verlag Dr. Wolfram Adolphi, Berlin 1995, 390 S.

Schon ein Jahr später - 1995 - konnte ich mit Unterstützung von Annelies Panten aus Rackwitz bei Leipzig, die einst an der Karl-Marx-Universität im Bereich der internationalen Beziehungen tätig gewesen und in den Vorruhestand geschickt worden war, ein zweites Buch in der Reihe EDITION PROFILE fertigstellen, diesmal im Leipziger Norden.

Das in Berlin angewandte Prinzip, die Großstadt mit den sie umgebenden Städten und Gemeinden in Beziehung zu setzen, wollte ich auch an dieser Stelle verwirklichen - obwohl es hier keine Staatsgrenze gegeben hatte. Im Buch zu finden sind also wiederum fast 200 Porträts von Frauen und Männern in Wort und Bild aus dem Norden der Stadt Leipzig und aus Ortschaften bis Krostitz und  Eilenburg im Nordosten, Bad Düben und Delitzsch im Norden und Schkeuditz und Wiedemar im Nordwesten.

Im Vorwort schrieb ich damals: In den allgegenwärtigen Veränderungen »hat das kleine und mittelständische Handwerk und Unternehmertum seinen besonderen Platz: Es schafft wichtige neue Arbeitsplätze, sorgt für ein modernes und vielfarbiges Dienstleistungsangebot, bewahrt traditionelle Erwerbszweige und erschließt neue, prägt mit seinen Leistungen das Bild der Dörfer und der Zentren der kleineren Städte. Jedes einzelne der in diesem Buch versammelten Porträts gibt darüber auf seine Weise Auskunft: über wiederbelebte handwerkliche und Geschäftsttaditionen, ideenreiche Neugründungen, tatkräftige Nutzbarmachung generationsübergreifender Unternehmenserfahrung. Aber auch über die Kultur ist zu lesen und über die Wissenschaft, über Menschen, die sich voller Hingabe der Regionalgeschichte widmen, für den Erhalt von Kunst- und Kulturdenkmälern streiten, sich in Sozialprojekten für das Wohlergehen anderer einsetzen oder als Anwälte, Ärzte, Pfarrer oder Politiker das Gesicht der Region mitbestimmen.«

5. Ernst Thälmann: An Stalin. Briefe aus dem Zuchthaus 1939-1941, herausgegeben von Wolfram Adolphi und Jörn Schütrumpf, Dietz Verlag, Berlin 1996, 160 S.

1992 lud mich der Historiker und Publizist Dr. Jörn Schütrumpf ein, in der - ehrenamtlichen! - Redaktion der Zeitschrift »UTOPIE kreativ« mitzuarbeiten. Die enge freundschaftliche und für mich sehr fruchtbare Zusammenarbeit dauerte bis zum Ende der Zeitschrift 2008. 1996 gelangten aus Moskauer Archiven Kopien der Briefe zu uns, die Ernst Thälmann, Vorsitzender der KPD, in den Jahren 1939-1941 aus dem Zuchthaus im faschistischen Deutschland an Stalin geschrieben hatte - immer in der Hoffnung, Stalin möge dafür sorgen, dass er frei käme und in die Sowjetunion gehen könnte.

Aber die Briefe wurden in Moskau nicht beachtet, sondern landeten im Archiv und blieben jahrzehntelang unter Verschluss. Mit unserem Buch brachten wir sie erstmals an die Öffentlichkeit. 

Zur Entstehung des Buches vielleicht noch dies: Die »UTOPIE kreativ«-Redaktion arbeitete immer ehrenamtlich, bestand aus »abgewickelten« Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der DDR, wirkte abseits des institutionalisierten Wissenschaftsbetriebes, und daraus erwuchsen besondere Situationen bei der Herstellung auch dieses Buches. Um die Übertragung der Briefe aus Thälmanns Sütterlin-Handschrift machte sich meine Mutter Evamaria Adolphi (Jg. 1924), ehemals Deutsch- und Staatsbürgerkundelehrerin, verdient; das Lektorat lag wie auch bei der Zeitschrift in den Händen der Ökonomin und langjährigen Redakteurin der Zeitschrift »Asien - Afrika - Lateinamerika« (AALA), Dr. Ruth Andexel.

 

6. Wolfram Adolphi, Profile aus dem Landkreis Oberhavel. Band II der Profile aus dem Norden Berlins 1998, Edition Profile, Verlag Wolfram Adolphi, Potsdam 1998, 376 S.

Dieser zweite - und diesmal von mir allein verfasste - Band der Profile aus dem Norden Berlins folgt nun tatsächlich dem für die EDITION PROFILE typischen Landkreisprinzip: Er versammelt um die 190 Porträts aus dem damals neu gebildeten Landkreis Oberhavel, zusammenführend die alten Kreise Oranienburg und Gransee, mithin bis nach Fürstenberg/Havel reichend - und damit an die Grenze von Mecklenburg-Vorpommern. So sind eingeschlossen Städte und Gemeinden wie Liebenwalde und Zehdenick, Löwenberg und Mildenberg, Tornow und Bredereiche, Neuglobsow und Menz, Kremmen, Schwante und Sommerfeld.

Im Vorwort schrieb ich: »Nun ist Oberhavel ein Landkreis im Umbruch und Werden. Die Veränderungen sind groß. Im Süden, in Hennigsdorf, profilieren sich, nachdem Anfang der neunziger Jahre Tausende Arbeitsplätze abgebaut wurden, die Stahl und Schienenfahrzeugindustrie neu. In der Gegend um Zehndenick, dem größten zusammenhängenden Tonstichgebiet Europas, hat an der Wende zu den neunziger Jahren ein ganzer Industriezweig - die traditionelle Ziegelfertigung - aufgehört zu existieren. Überall im Kreisgebiet versucht sich die Landwirtschaft in neuen Eigentums- und Betriebsformen zu behaupten. Und neue Beachtung kommt überall dem Tourismus zu, der immer nachdrücklicher als interessanter Wirtschaftszweig des Kreises begriffen wird.«

Dieses Oberhavel-Buch war der dritte und letzte Band meines Mitwirkens an der EDITION PROFILE. Die Arbeit an den Büchern erbrachte Begegnungen und ergiebige Gespräche mit insgesamt fast 600 Menschen - und damit einen ganz besonderen Einblick in das gesellschaftliche Leben in den 1990er Jahren.

7. Deutschland und China 1937-1949. Politik - Militär - Wirtschaft - Kultur. Eine Quellensammlung, herausgegeben von Mechthild Leutner, bearbeitet von Wolfram Adolphi und Peter Merker, Akademie Verlag, Berlin 1998, 544 S.

Das Buch ist Teil einer mehrbändigen, von Prof. Dr. Mechthild Leutner an der Freien Universität Berlin herausgegebenen Reihe »Quellen zur Geschichte der deutsch-chinesischen Beziehungen 1897-1995«.

Ich wurde 1994 zur Mitarbeit auf Honorarbasis eingeladen, weil ich mich in meiner Dissertation B (Habilitationsschrift) mit dem Zeitraum 1937-1945 ausführlich beschäftigt hatte. Gleichfalls eingeladen wurde Dr. Peter Merker, ein guter Freund aus gemeinsamen Jahren an der Humboldt-Universität, dessen Thema die Wirtschaftsbeziehungen in der genannten Zeit waren und der wie ich die Aktenbestände im 2. Historischen Archiv in Nanjing gesichtet hatte. Während aber meine Chinesischkenntnisse dort nur zur allgemeinen Orientierung und zum Herausfinden der deutschsprachigen Konvolute gereicht hatten, vermochte Merker tief in die chinesischen Texte selbst einzudringen. Wir bereiteten nun die von uns zusammengestragenen Dokumente zum Druck vor und verfassten ausführliche Kapiteleinleitungen. Da meine Dissertation B nicht als Buch gedruckt vorliegt, ist dieser Band die umfassendste Darstellung meiner Forschungen zum Thema. 

Aus dem Klappentext: »Der Band dokumentiert die Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen vom Beginn des antijapanischen Krieges am 7. Juli 1937 bis zum Jahre 1949, als sich sowohl in Deutschland als auch in China neue Staaten etablierten. Durch den im November 1936 abgeschlossenen Antikominternpakt stand Deutschland mit vertraglich fixierten politischen Verpflichtungen an der Seite des Aggressors Japan. Diese Bündniskonstellation wurde letztendlich bestimmend für die Gestaltung der deutsch-chinesischen Beziehungen. China wiederum entwickelte seinen militärischen und politischen Widerstandskampf gegen die japanische Aggression im Laufe des Krieges immer entschiedener auch zu einem mit anderen Staaten koordinierten Kampf gegen die Achse Berlin-Rom-Tokio. Als Deutschland am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierte und das Bündnis mit Japan, dessen Kapitulation am 2. September 1945 folgte, obsolet geworden war, gehörte China als Mitglied der Antihitlerkoalition zu den Siegermächten. Es stand am Kriegsende in einer Reihe mit der UdSSR, Großbritannien, Frankreich und den USA, anerkannt von diesen als souveräner Staat und Großmacht und mitwirkend an der Gestaltung der Nachkriegswelt als Gründungsmitglied der UNO und Mitglied des Sicherheitsrates.«

8. Gunther Kohlmey, Sozialismus als Alternative. Texte von 1947 bis 1993, herausgegeben von Wolfram Adolphi und Jörn Schütrumpf, Rosa-Luxemburg-Stiftung Texte 6, Karl Dietz Verlag, Berlin 2001, 170 S.

Gunther Kohlmey (1913-1999), Prof. Dr., Anfang 1943 vor Stalingrad aus der Wehrmacht zur Sowjetarmee übergelaufen, war einer der großen marxistischen Ökonomen der DDR. Obwohl er mit seinen Ansichten und Theorien mehrmals mit der SED-Führung in Konflikt geriet und in seiner Karriere behindert wurde, blieb er seiner Überzeugung, dass es des Sozialismus als Alternative zum Kapitalismus bedürfe und er deshalb in all seiner Widersprüchlichkeit weiterentwickelt werden müsste, treu.

Jörn Schütrumpf und ich lernten ihn 1991/92 kennen, als er sich vom Chefredakteur der »UTOPIE kreativ«, dem Soziologen Prof. Dr. Helmut Steiner, gemeinsam mit dem Juristen und Rechtsphilosophen Prof. Dr. Hermann Klenner dafür werben ließ, den Vorsitz des Fördervereins Konkrete Utopien e.V. als Trägers der Zeitschrift zu übernehmen. Unser Buch versammelt Aufsätze von Kohlmey und Dokumente über ihn, die Zeugnis ablegen vom komplizierten Ringen um den Sozialismus in der DDR.

9. Wolfram Adolphi (Hrsg.), Michael Schumann: Hoffnung PDS. Reden, Aufsätze, Entwürfe 1989-2000. Mit einem Geleitwort von Lothar Bisky, Rosa-Luxemburg-Stiftung Texte 12, Karl Dietz Verlag, Berlin 2004, 284 S.

Michael Schumann (1946-2000), Prof. Dr., am 2. Dezember 2000 bei einem Verkehrsunfall gemeinsam mit seiner Ehefrau Ingeburg ums Leben gekommen, hat in der Geschichte der PDS seinen Platz vor allem als derjenige, der auf dem Außerordentlichen Parteitag der SED im Dezember 1989 das wegweisende, von einer Gruppe von Autorinnen und Autoren erarbeitete Referat »Wir brechen unwiderruflich mit dem Stalinismus als System!« vorgetragen hat.

Das Buch habe ich im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung und mit Unterstützung der PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg erarbeitet, herausgegeben und mit einem Vorwort versehen. Es enthält neben dem genannten Referat, das ich zum Verständnis seiner Entstehung und Hintergründe mit ausführlichen Anmerkungen versehen habe, Texte zum Herkommen und zur Entwicklung der PDS, Reden und Texte zur Innen- und Rechtspolitik (darunter Reden, die Schumann als Abgeordneter des Brandenburger Landtags gehalten hat) und Texte aus seiner Mitarbeit am Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus zu den Stichworten »Erneuerung«, »Fehler« und »Geist«.

10. Anita Anand, Arturo Escobar, Jai Sen und Peter Waterman (Hg.), Eine andere Welt. Das Weltsozialforum. Aus dem Englischen von Carla Krüger und Wolfram Adolphi (Redaktion), Rosa-Luxemburg-Stiftung Texte 15, Karl Dietz Verlag, Berlin 2004, 504 S.

Dieses Buch ist eine Übersetzung aus dem Englischen. Das englischsprachige Original unter dem Titel World Social Forum. Challenging Empires erschien 2004 in The Viveka Foundation. A Centre for Alternative Perspectives, New Delhi, India.

»Das Weltsozialforum«, heißt es im Vorwort zu dieser deutschen Ausgabe, »ist die größte Innovation der emanzipatorischen Linken der letzten Jahrzehnte. Es entstand als Gegenentwurf zum Weltwirtschaftsforum von Davos. Wo dieses eine Erfindung des Nordens war, ist jenes eine Gründung im Süden. Wo dieses sich elitär, autoritär und geschlossen präsentierte, soll das Weltsozialforum ein Treffen sozialer Bewegungen von unten sein - partizipativ, demokratisch und offen.«

Das ist 2004 geschrieben, auf dem Höhepunkt des Forums mit seinen großen, zehntausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählenden Treffen im brasilianischen Porto Allegre und im indischen Mumbai sowie seinen Folgetreffen eines Europäischen Sozialforums in Paris und London und auch eines Deutschen Sozialforums in Erfurt. - Die Bewegung hat sich so nicht zu halten vermocht. Aber hier, in diesem Buch, sind ihre Ideen und Aktionsberichte aufbewahrt, spiegelt sich das tatsächlich weltweite, menschheitlich ausgerichtete Denken und Handeln.

Das Buch versammelt Texte von mehr als 40 Autorinnen und Autoren und einige zentrale Dokumente der Entwicklung des Forums. Genannt seien von den Autorinnen und Autoren, zu denen auch die Herausgeberin und die Herausgeber gehören, nur einige: Arundhati Roy, Samir Amin, Hilary Wainwright, Michael Löwy, Susan George, Bonaventura de Sousa Santos, Irene Santiago, Boris Kagarlitzky. - Carla Krüger hat im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Rohübersetzung ins Deutsche vorgenommen, die dann von mir - damals bei der Stiftung angestellt - redigiert und für den Druck vorbereitet worden ist.

11. Wolfram Adolphi, Chinafieber, Roman, NORA-Verlag, Berlin 2004, 382 S.

Dies ist der erste meiner drei China-Romane - entstanden als Versuch, die Ergebnisse meiner wissenschaftlichen Forschungen zu Deutschland und China in den 1930er und 1940er Jahren in eine unterhaltend lesbare Form zu bringen. Ein zwar nicht gewaltiges, aber doch ungebrochenes Interesse an den Büchern zeigt, dass sich die Anstrengung gelohnt hat.

Der Klappentext: China 1930: Der Unterhändler Paul Kleinert sondiert die Möglichkeiten für einen deutsch-chinesischen Warenaustauschvertrag. 1936/37 wird dieser Vertrag in den Hauptstädten Berlin und Nanking höchstes Verzücken auslösen. Deutschland liefert Maschinen, Fabrikausrüstungen und - unter strengster Geheimhaltung - Waffen nach China und erhält im Gegenzug Produkte, die der Kriegsvorbereitung dienen: Antimon, Mangan und Wolfram für die Stahlveredlung, auch Fallschirmseide, Tierhaare für die Filzproduktion, Trockenei und Sojabohnen. Kleinert gerät in schwere Konflikte. Nicht an Krieg hatte er gedacht, als er Ende der zwanziger Jahre mit seinem chinesischen Freund Hsü Tao Lin in Berlin Pläne schmiedete, sondern an Hilfe beim Aufbau einer modernen Industrie und Verwaltung im bürgerkriegsgschüttelten China.

Nun drehen andere das Rad, das er selbst mit zum Laufen gebracht hat. Deutschland verbündet sich mit Japan, das im Juli 1937 den großen Krieg gegen China vom Zaun bricht. Im Wirbel der Ereignisse treibt es Kleinert durch das Land. Im Massaker von Nanking wird er von seiner Geliebten Tschang Li getrennt. In Peking trifft er Männer, die das deutsch-chinesische Spiel nicht aufgeben wollen. Im Sommer 1940 - Deutschland hat schon einen Großteil Europas unterworfen - erlebt er in Tschungking mit seinem Gönner Tschiang Kai Schek ein letztes bizarres Wetterleuchten in diesem Spiel. Dann aber geht es nur noch ums Überleben. Und darum, mit den Nachrichten aus Deutschland fertig zu werden und mit dem Druck, den die Nazipartei auch unter den Chinadeutschen aufgebaut hat.

Chinafieber: Der Weg eines »kleinen Mannes« durch ein nur wenig bekanntes Kapitel deutsch-chinesischer Geschichte.

12. Wolfram Adolphi, Chinatraum, Roman, NORA-Verlag, Berlin 2007, 304 S.

Ging es beim ersten China-Roman um die 1930er und 1940er Jahre, stehen nun die 1970er und 1980er Jahre - und damit auch meine eigenen China-Erlebnisse - im Mittelpunkt:

Nanjing in China im Herbst 1987. Als Ines Rothermund, 34jährige Chinawissenschaftlerin aus der DDR, im Archiv die Akte 6-283 zur Hand nimmt, ahnt sie noch nicht, welchen Aufruhr dies für ihr Leben bedeuten wird. Erforschen will sie die deutsch-chinesischen Beziehungen im Zweiten Weltkrieg, aber was sie nun in den vergilbten Seiten entdeckt, ist etwas ganz Persönliches. An eine Chinesin wird sie erinnert, eine Frau schon in der Nähe der Siebzig, der sie neun Jahre zuvor in Beijing begegnet ist. - Diese Begegnung hatte geendet, noch ehe sie richtig begann, und Ines Rothermund begreift, dass sie sie wird entschlüsseln müssen, wenn sie ihre Arbeit zu einem guten Ende bringen will. Was war geschehen damals, im Frühjahr 1978, mit ihr und mit dieser Frau, von der sie nicht einmal den Namen weiß und deren Schicksal doch mit einem Deutschen zu tun zu haben scheint? Und wieso, eigentlich, hat sie den seltsamen Vorgang bisher so komplett aus ihrem Gedächtnis gestrichen?

Mit der Suche nach Antworten wird die Reise in die Geschichte für Ines Rothermund immer mehr zu einer Reise zu sich selbst, zu einem kritischen Eintauchen in ihre Erfahrungen und Ansichten von der Welt, und als aus einem Abenteuer mit dem chinesischen Historiker Liu Zhendu eine große Liebe erwächst, gerät alles Bisherige doppelt auf den Prüfstand - und dies mittendrin in den tiefen Erschütterungen und Umbrüchen der Jahre 1989/90.

13. Leonel R. Cala Fuentes, Kubaner im realen Paradies. Ausländer-Alltag in der DDR. Eine Erinnerung, Karl Dietz Verlag, Berlin 2007, 176 S.

Dieses Buch habe ich nicht geschrieben, aber ich habe es angeregt und durch meine Rechtschreib- und Grammatikkorrektur druckbar gemacht. Im Nachwort habe ich die Buchentstehung geschildert: Den Autor, Leonel Roberto Cala Fuentes, habe ich 2004 auf der Buchmesse in Havanna kennengelernt. Er erzählte von seinem Leben in der DDR in den 1970er und 1980er Jahren erst als Monteurslehrling in der chemischen Industrie in Zeitz, dann als Dolmetscher für die kubanischen Arbeiterinnen und Arbeiter in Leuna und im ganzen Bezirk Halle, und ließ sich überreden, seine Erinnerungen zu Papier zu bringen. Bis 2006 trafen mit der Post in Abständen Teile seines Manuskriptes bei mir ein - 2005 hatten wir uns noch einmal in Havanna getroffen -, und alles, was er schrieb, war in seinem nie studierten, aber in der Lebenspraxis in der DDR erlernten Deutsch verfasst: direkt, bildhaft und humorvoll.

Ich habe versucht, diese Sprache bei allen unabdingbaren Korrekturen in ihrer Frische und Unverblümtheit zu bewahren und im Nachwort das Leben und Arbeiten des Autors in Bezug zur allgemeinen DDR-Entwicklung jener Jahre zu setzen..

14. Wolfram Adolphi, Mao. Eine Chronik, Verlag Neues Leben, Berlin 2009, 192 S.

Zu diesem Buch hat mich der Verlag Neues Leben eingeladen, der damals eine Biografienreihe aufgelegt hatte, in der auch Porträts von Fidel Castro, Salvador Allende, Ernesto Che Guevara und Ho Chi Minh erschienen waren. Es ist in der langen Reihe der weltweit erschienenen Mao-Biografien die einzige von einem aus der DDR stammenden Autor.

In der Einleitung schrieb ich: Mao Zedong steht in der Geschichte nicht nur als chinesischer Politiker, sondern auch als Kommunist, als einer der herausragenden Führer der kommunistischen Bewegung, die sich im 20. Jahrhundert als eine weltweite verstand. Und so ist es wohl eine Pflicht derjenigen, die von Mao schon lasen, als er vielen in der Welt als Hoffnung galt, auch dies in einer solchen Chronik sichtbar zu machen. Der Verfasser wurde 1951 in eine Welt geboren - die Welt der DDR -, in der er schon als Kind die aus dem Russischen übersetzten Erzählungen über Mao Tse-tung von Nikolai Bogdanow lesen konnte - kleine Geschichten, in denen Mao als Märchenheld erscheint. Wer darüber spotten möchte, dem kann auch Ernsthafteres zum Nachlesen empfohlen werden. Ein Bändchen mit Mao-Reden an Schriftsteller und Künstler etwa, in deutscher Sprache erschienen 1953, zu dem die Dichterin Anna Seghers das Nachwort schrieb. Sie hatte einst selbst Sinologie studiert, war später als Kommunistin von den Nazis ins Exil getrieben worden, hatte sich bei ihrer Rückkehr nach Deutschland für die DDR entschieden und von hier aus China besucht. Maos Reden, heißt es da, »enthalten nicht nur die wichtigsten Lehren für chinesische Künstler, sie helfen uns allen«. Ebenso bemerkenswert ist eine Veröffentlichung aus dem anderen Deutschland dieser Zeit, aus der Bundesrepublik, die damals - anders als die DDR - die VR China diplomatisch nicht anerkannt, sondern sich auf die Seite Taiwans geschlagen hatte. In Frankfurt am Main war als Übersetzung das Buch Chinas rote Herren des Amerikaners Robert S. Elegant herausgegeben worden. Darin stellt der Autor fest: Auch wenn man wisse, dass »die Geschichte die Ziele der chinesischen Kommunisten geändert« habe, wäre es doch »töricht zu leugnen, dass ihre Aktion ein Protest gegen das trostlose Lebenselend ist, das in so vielen Teilen der Welt herrscht«.

15. Wolfram Adolphi, Die chinesische Karte, Roman, NORA Verlag, Berlin 2010, 264 S.

Tokio 2008. Darf einer erzählen, dass er für die Stasi gearbeitet hat? Für die Staatssicherheit der DDR? In Japan, in den achtziger Jahren? Darf er sich erchtfertigen, sich ärgern, sich erklären und mit dem Jetzt auseinandersetzen? Kleinstäuber probiert es. Redet mit Kaoru, der japanischen Freundin, und Gabriel Busch, dem westdeutschen Journalisten, und reißt Ines Rothermund, die China-Expertin, die in Beijing lebt und nicht weiß, dass er sie einst in seine Pläne eingebaut hatte, in den Strudel seiner Erinnerungen.

»Die chinesische Karte« ist ein Buch über die Faszination Fernost, über Irrungen und Wirrungen im Kalten Krieg, über Ideale und Illusionen, Hoffnungen und Niederlagen und über erfüllte und vergessene, verschwiegene und verratene Liebe.

16. Gesine Lötzsch (Hrsg.), Alles auf den Prüfstand. Texte zur DDR-Geschichte im "Neuen Deutschland", Redaktion: Wolfram Adolphi und Josefa Marxhausen, Neues Deutschland Druckerei und Verlag, Berlin 2011, 154 S.

Im Jahre 2011 hatte Gesine Lötzsch, eine der herausragenden Politikerinnen der PDS und der LINKEN - 1990 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von (Ost)-Berlin, Dez. 1990-2002 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und 2010-2012 Ko-Vorsitzende der Partei DIE LINKE - die Idee zu diesem Buch, und in ihrem Auftrag übernahmen Josefa Marxhausen - damals Praktikantin im Büro des Bundestagsabgeordneten Roland Claus, in dem auch ich tätig war - und ich die Redaktion. Gesammelt sind Texte vornehmlich aus den frühen 1990er Jahren, aber auch einige spätere. Im Klappentext heißt es: »Der Vorwurf ist wohlfeil: DIE LINKE habe ihre Geschichte nicht aufgearbeitet. Aber so wohlfeil dieser Vorwurf ist, so falsch ist er auch. Denn etliche Beschlüsse, ungezählte Wortmeldungen in Zeitungen, Hunderte Zeitschriftenartikel und Dutzende Bücher beweisen das gegenteil. Dieses Buch bringt einen Ausschnitt solcher Texte in Erinnerung: Texte zur DDR und zur SED, zum Marxismus, Sozialismus, Kommunismus und Stalinismus.«

Der Band versammelt Wortmeldungen von Michael Benjamin, Lothar Bisky, Helmut Bock, André Brie, Michael Brie, Jochen Cerny, Roland Claus, Erhard Crome, Horst Dietzel, Jochen Gläser, Gregor Gysi, Brigitte Hering, Jürgen Hofmann, Wolfgang Hübner, Manfred Jäger, Dietmar Keller, Hermann Klenner, Thomas Kuczynski, Christa Luft, Thomas Marxhausen, Reinhard Mocek, Hans Modrow, Harald Neubert, Heinz Niemann, Wilfriede Otto, Siegfried Prokop, Bernd Rump, Karl Schirdewan, Michael Schumann, Heinz Vietze, Sahra Wagenknecht und Gabi Zimmer.

Meine Freude an der Zusammenstellung dieses Buches gründet auch darin, dass ich mit Ausnahme von Karl Schirdewan allen Autorinnen und Autoren persönlich begegnet bin und mit etlichen von ihnen über längere Zeit zusammengearbeitet habe.

17. Wolfram Adolphi, Hartenstein. Band 1: Der Balte vom Werk, NORA Verlag, Berlin 2015, 355 S.

Es gibt die Erinnerung an Fotos aus dem 19. Jahrhundert über dem Sofa der Großeltern. Es gibt Aufzeichnungen und Briefe - viel zu wenige - und Geschichtsbücher. Und es gibt den Versuch, die Vergangenheit durch Reisen zu verstehen. Reisen in die Orte und Zeiten: ins Lettische der Jahre von Erstem Weltkrieg und Revolution, ins Slowakische der Weltwirtschaftskrise und ins Chemiewerk der I.G. Farben in Auschwitz im Weltkrieg zwei. Aus all dem mischen und formen Einsicht und Fantasie eine Geschichte. Die hat für Hermann Hartenstein Neuanfang und Ende in der DDR. Für Jakob, den Enkel, geht sie weiter.

Soweit der Klappentext. - Begonnen hat meine Lust aufs Verfassen dieses familiengeschichtlichen Romans mit der Frage, warum mein Großvater väterlicherseits 1945 nicht mit den Leuna am 16. April 1945 befreienden Amerikanern in den Westen gegangen, sondern bei der Übergabe an die sowjetische Besatzungsmacht am 2. Juli 1945 in Leuna geblieben ist und wir also 1949 eine DDR-Familie wurden. Aber diese Frage war natürlich keine kleine, keine nebensächliche, und ihre Beantwortung war - wie sich bald zeigte - nicht mit ein paar kurzen Strichen und geraden Linien abgetan. Zumal - welch eigenartiger Zufall - zur gleichen Zeit, da ich mich an meinen Roman setzte, in Merseburg eine Straße nach eben diesem Großvater Günther Adolphi benannt wurde. Seit 2019 heißt die Straße wieder anders. Die Diskussionen darum machten, dass aus dem kleinen Romanprojekt eines mit drei Bänden wurde.

 

18. Wolfram Adolphi, Hartenstein. Band 2: Im Zwielicht der Spuren, NORA Verlag, Berlin 2018, 379 S.

Herman-Hartenstein-Straße steht auf dem neuen Straßenschild, und die Zeitung protestiert. Eine Straße für einen, der Ingtenieur gewesen ist bei der Errichtung des I.G.-Werkes in Auschwitz-Monowitz, die zwanzigtausend KZ-Häftlinge das Leben gekostet hat: Was für ein Skandal! Aber wieso - fragt sich Jako Hartenstein, Enkel des Hermann - haben sie das alle nicht gewusst? In der Hochschule? In Leupau? In der Kreisstadt? Dass etliche Leupauer an diesem Schreckensbau verantwortlich beteiligt gewesen sind? Auch der Großvater, der sich später um die chemische Verfahrenstechnik in der DDR verdient gemacht hat?

Im Band 1 der Hartenstein-Trilogie hat sich das Leben des Hermann Hartenstein, des Balten vom Werk, entfaltet - nun begibt sich Jakob ins Zwielicht der Spuren. Konfrontiert das Leben der Großeltern mit Dokumenten und Häftlingserinnerungen, stellt sein Fragen und Forschen ins Spannungsfeld der ost- und westdeutschen Geschichtsbilder und muss erfahren, dass der »Skandal«-Ruf der Zeitung das eine, die gründliche, aufs Lernen gerichtete Verbindung von Geschichte und Gegenwart aber etwas ganz anderes ist.

Soweit der Klappentext. - Im Bemühen darum, der - wenn das überhaupt möglich ist - Bedeutung des Auschwitz-Themas gerecht zu werden, habe ich Erinnerungsbücher und Lebensbeschreibungen von Häftlingen herangezogen, so von Denis Avey, Jan Karski, Primo Levi, Witold Pilecki, Justin Sonder und Rudolf Vrba. Das Buch enthält außerdem eine Auseinandersetzung mit der Rede, die die Bundeskanzlerin Angela Merkel am 6. März 2016 aus Anlass des 100. Jahrestages der Gründung der Leunawerke in Leuna gehalten hat. 

19. Wolfram Adolphi, Hartenstein. Band 3: Der Enkel vorne links, NORA-Verlag, Berlin 2020, 492 S.

In diesem letzten Band der Hartenstein-Trilogie rückt Jakob Hartenstein - der Enkel des Balten vom Werk (Bd. 1) - in den Mittelpunkt. Bei seinen Erkundungen im Zwielicht der Spuren (Bd. 2) ist ihm klar geworden, dass er, der er von seiner marxistischen Weltbetrachtung nicht lassen will, Nachfahre zweier Großväter ist, die sich beide in den Dienst des deutschen Faschismus gestellt und dann - die zweite Hälfte des Lebens gegen die erste setzen - dem Aufbau der DDR verschrieben haben.

Nun geht es um Jakobs eigene Bilanz. Die auch geteilt ist: in ein Leben in der DDR und eines im vereinigten Deutschland. Und die sich in diesem Spannungsfeld immer wieder bewähren muss. In einem Jetzt, in dem Biogrefien wie die seine seltsam fremd erscheinen. Als ob die vierzig Jahre der Zweistaatlichkeit, die doch fester Bestandteil der Geschichte der Welt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind, nicht selbstverständlich ganz unterschiedliche Lebenswege hervorgebracht hätten. Eben auch sozialistische, im Engagement für die DDR sich erfüllende.

Darüber zu streiten wird für Jakob immer wichtiger. Erst recht, da die Zeichen sich mehren, dass Faschismus nichts endgültig Vergangenes ist.

Soweit der Klappentext. - Auch für dieses Buch habe ich wieder Erinnerungen aus dem antifaschistischen Widerstandskampf herangezogen: von Lin Jaldati und Eberhard Rebling sowie nochmals von Justin Sonder. In einer Erörterung von Artikeln der »Weltbühne« des Jahres 1932 und des Januar 1933 aus der Feder von Kurt Hiller und Carl v. Ossietzky sowie in einer dialogischen Befassung mit dem im amerikanischen Exil entstandenen Aufsatz »Die Juden und Europa« von Max Horkheimer vom September 1939 versuche ich, mehr darüber zu begreifen, wie damals der Faschismus in Deutschland an die Macht kommen konnte.